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Die traditionelle Fronleichnamsfahrt des RVE führte diesmal nach Tschechien - genauer gesagt: nach Südböhmen. Als Ruderrevier hatte Fahrtleiterin Regine Oyntzen (RVE) die Moldau ausgewählt.

Blaue (= RVE) und Rote (=EWF) machten bei der Tour einmal mehr gemeinsame Sache. Farblich passte das auch gut zu den tschechischen Nationalfarben blau, weiß, rot.

Für fast alle der 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedeutete die knapp 90 km lange Strecke von Hluboká nad Vltavou über Tyn, Podolsko und Velky Vir bis zum Orlik-Staudamm „Neuwasser“.  

Vltava, so der tschechische Name der Moldau, bedeutet laut Wikipedia „wildes, reißendes Wasser“. Davon ist nichts mehr zu spüren - insgesamt neun Stauseen, die sogenannte Moldau-Kaskade, machen den Fluss zum "Zahmwasser". Das Fließtempo ist bestenfalls beschaulich, am ersten, durch drei Schleusen aufgelockerten Rudertag, hatten wir noch etwas Strömung, am zweiten Tag nicht mehr, ab da bewegten wir uns auf dem Orlik-Stausee. Landschaftlich   war es ausgesprochen reizvoll, über weite Strecken Natur pur. Die Moldau zwängt sich zwischen den steielen Felsformationen des böhmischen hindurch,  windet sich immer wieder durch enge Täler und weitet sich immer wieder mal auf. Über weite Strecken ist keine hundert Meter breit und nur von Wald und Felsen eingerahmt. Weder Straße und keine Bahnstrecke sind zu sehen oder zu hören - „urwüchsig“, befand Uwe Heinrich. Er hatte wieder seine Trompete dabei und begleitete die Schleusungen musikalisch.  

Die meiste Zeit hatten wir die Moldau ganz für uns allein - nur ein paar einige Motorboote und Ausflugsschiffe begegneten uns. Am ersten, durch drei Schleusen aufgelockerten Rudertag, hatten wir noch etwas Strömung, am zweiten Tag nicht mehr, dann hatten wir den Orlik-Stausee erreicht. Dem Wasservolumen nach ist er der größte Stausee in Tschechien (720.000 Millionen Kubikmeter) und je nach Pegelstand bis zu 68 km lang. Benannt ist er nach dem Renaissanceschloss Orlik, das wir am 3. Tag vom Wasser aus zu sehen bekamen, als wir an ihm vorbeiruderten. Dem Bedürfnis nach Kultur genüge getan hatten wir schon am Anreisetag, mit der Besichtigung des ehemals der Familie Schwarzenberg gehörenden und jetzt im Staatsbesitz befindlichen Schlosses in Hluboká, einem weißen Prachtbau im Stil der Tudorgotik.  Großes Hallo gab es, als jemand im Durchgang zum Café die überdimensionale Skulptur eines Ruderers entdeckte und Finn sie spontan durch eine kleine Performance nachstellte.

Am Fuße des Schlossbergs liegt eine ziemlich neue Marina, dort setzten wir die Boote ein, überquerten die Moldau und passierten die 2012 fertiggestellte Schleuse. Schleuse Nr. 2 - Hnevkonice - in Betrieb seit 2017- beeindruckte mit einem Hub von mehr als zehn Meter und ein Teil der Mannschaft machte erstmals mit Schwimmpollern Bekanntschaft.


Die Etappen von Hluboká über Tyn, Podolsko und Velky Vir waren jeweils etwa 25 Kilometer lang und für die altersgemischte Gruppe zwischen 9 und 79 Jahren, darunter fünf Kinder, gut zu bewältigen. Mittags gab es Picknick in der Pampa, für die Übernachtungen hatte Regine überall Bettenquartiere organisiert: im Sportheim in Hluboká, im Kanu-Club in Tyn und in Hütten auf Campingplätzen in Podolsko und Velky Vir. In In Tyn schleppten unsere Gastgeber noch schnell einen Kühlschrank in unseren Schlaftrakt und ermöglichten uns so, nach dem Abendessen wohltemperierte Erfrischungsgetränke zu uns zu nehmen. Tags darauf in Podolsko mussten wir zu unserem Quartier erstmal 50 (oder mehr) Höhenmeter aufsteigen, vorbei an mehreren kleinen Ausflugsdampfern, die quer zum Hang aufgebockt lagen. Die Anlage war so frisch renoviert, dass wir originalverpacktes Bettzeug in die Hand gedrückt bekamen. Es gab Fassbier und Gulasch, später auch noch Live-Musik Aufmerksame Nachtschwärmer bekamen an diesem Abend Glühwürmchen zu sehen

Die mittelalterliche Burg Zvíkov, auf dem Felssporn an der Mündung der Otava in die Moldau postiert, ist ein beliebtes Ausflugsziel, das von mehreren Booten der weißen Flotte angesteuert wurde. Unsere auf einem vermeintlich nicht, tatsächlich aber doch benutzten Anleger ausgebreitete Picknickdecke samt Proviant mussten wir daher schnell wieder einrollen - grimmiger Kapitän verscheuchte uns.

Eines der Vierer fuhr erkundungshalber noch sieben Kilometer die Otava hoch und verlor dadurch den Anschluss zum Rest der Flotte. Das Tagesziel war schwer zu finden, denn die ohnenhin nur spärlichen Informationen im „Wahrsager falsch“ stimmten nicht. An Stelle des Campingplatzes Velky Vir fand sich nur ein imposante Stahlbetonbogenbrücke. Es hieß also weiterrrudern, bis einen der Landdienst vom Wasser holt. Der Campingplatz erstreckte sich über zwei Etagen, unsere Hütten (mit Küche, aber ohne WC und Dusche) standen im Wald verteilt auf dem Berg, Sanitärräume und das Restaurant befanden sich im Tal (in den Waschräumen wurde übrigens die strikte Trennung von Trink- und Brauchwasser praktiziert). Eine Band versorgte uns, weil es ja die Sommersonnenwende war, bis weit nach Mitternacht mit Live-Musik.

Am letzten Tag wehte ein frischer Wind - gut für die Segelregatten, an deren Rand wir uns entlangschlichen, weniger gut für uns. Aber bis zum Ziel, dem Staudamm am Ende des Sees, waren es nur noch zehn Kilometer. In einer Bucht bei Hrebeny stand/wartete der Anhänger. Nach dem Verladen der Boote, einem letzten Bad in der Moldau und einer ausgiebigen Brotzeit ging es dann "auf die Piste", zurück nach Erlangen.

Anne Schneller